© ylivdesign / 123RF.com

Paketstationen statt Robotern: Wie die Paketzustellung im Jahr 2040 aussehen wird

Nicht nur Logistikunternehmen, sondern auch Online-Händler und Kommunen beschäftigt die Frage, wie die Zukunft der Last-Mile Delivery aussehen soll. Wenn es weitergeht wie bisher, scheinen wir auf ein Horrorszenario zuzusteuern: immer mehr Lieferwagen, die die Innenstädte verstopfen, Sicherheitsprobleme auf Straßen und Gehwegen, und zunehmende Luftverschmutzung. Dass es aber so weit nicht kommen wird, zeigt eine wissenschaftliche Delphie-Studie, die an der WHU – Otto Beisheim School of Management entstanden ist. Im Rahmen dieser Studie gaben Experten aus verschiedenen Branchen ihre Einschätzungen dazu ab, welche Entwicklungen in Zukunft wahrscheinlich eintreten werden. 

Die Kundenwünsche sind bei der Zustellung von zentraler Bedeutung, denn nur wenn die Kunden zufrieden sind, können Logistikunternehmen und oft auch die mit ihnen kooperierenden Online-Händler erfolgreich sein. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass im Jahr 2040 für die Kunden vor allem Flexibilität im Vordergrund stehen dürfte. Wahrscheinlich ist, dass sie sich individuelle Zustelloptionen wünschen werden, die sich ihrem Alltag anpassen, und bereit sind, zu diesem Zweck persönliche Daten preiszugeben. Logisitkdienstleister tun also gut daran, schon jetzt ihre Serviceangebote zu erweitern, um sich auf individuelle Wünsche einzustellen. Außerdem sollten Lieferanten Wert auf eine möglichst umweltfreundliche Lieferung legen.

Wie sich schon heute abzeichnet, wird Nachhaltigkeit in Zukunft ein nicht mehr wegzudenkender Faktor bei der letzten Meile der Zustellung. Als Lieferwagen werden bis 2040 voraussichtlich ausschließlich E-Fahrzeuge genutzt, die mit nachhaltig erzeugtem Strom fahren. Außerdem gehen die Experten davon aus, dass in Innenstädten verstärkt Lastenräder zum Einsatz kommen werden.

Dass neue Technologien die klassischen Zustellungsmöglichkeiten vollständig ersetzen, ist nicht abzusehen. Es gibt zwar Verwendungsmöglichkeiten für Drohnen und Roboter, doch bleiben diese eingeschränkt. Es wird davon ausgegangen, dass Drohnen zum Beispiel besser in ländlichen Regionen eingesetzt werden können als in Innenstädten. Und Roboter, die nur einen begrenzten Radius haben, werden wahrscheinlich eher in campusähnlichen Strukturen zum Einsatz kommen.

Die Experten gehen davon aus, dass das Modell der Zukunft Paketstationen sind: Ein gut ausgebautes Netzwerk an stationären Paketstation – ergänzt durch autonom fahrende Packstationen – erlaubt Logistikdienstleistern, auf die Wünsche ihrer Kunden einzugehen. Die Stationen können flexibel beliefert werden, auch nachts, was zur Entspannung der Verkehrslage in Innenstädten beitragen kann. Deshalb ist es für Logistiker und E-Commerce-Unternehmen schon heute sinnvoll, in den Ausbau zu investieren.

Im Jahr 2040 wird also nicht alles neu und anders sein. Bewährte Zustellwege bleiben sehr wahrscheinlich bestehen, allerdings mit Augenmerk auf Umweltfreundlichkeit. Was sich ändern wird, ist, dass der Sektor durch neue Technologien und dem Trend zur individualisierten Zustellung stärker segmentiert wird: Je nach Waren, Kundenwünschen und Liefergebiet werden sich unterschiedliche Zustellarten etablieren.

Informationen zur Studie:

Für die Delphi-Studie formulierten die Forscher Zukunftsthesen, die sie einem Expertenteam zur Beurteilung vorlegten. Dieses Team umfasste 36 Mitglieder aus unterschiedlichen Branchen, wie Logistikdienstleistung, Online-Handel, Wissenschaft und Politik. Alle Experten verfügten über einschlägige Berufserfahrung bzw. Publikationen in dafür relevanten Bereichen. Auf der Grundlage ihrer Stellungnahmen entwickelten die Forscher drei Zukunftsszenarien und leiteten daraus Empfehlungen für die betroffenen Akteure in Wirtschaft und Politik ab.

Peppel, M./Ringbeck, J./ Spinler, S. (2022), How will last-mile delivery be shaped in 2040? A Delphi-based scenario study, in: Technological Forecasting & Social Change (Volume 177, April 2022).

Informationen zu den Personen:

Marcel Peppel

Marcel Peppel ist Doktorand am Institut für Logistikmanagement der WHU. Seine Forschungsinteressen gelten der Zukunft von Last-Mile Delivery sowie neuen Netzwerkmodellen für die Zustellung auf der letzten Meile unter Berücksichtigung von Kosten- und Umwelteffekten. Vor Beginn seines Promotionsstudiums war er drei Jahre als Strategieberater für Porsche Consulting tätig.

Prof. Dr. Jürgen Ringbeck

Nach seiner Promotion an der Universität Osnabrück war Jürgen Ringbeck als Partner bei McKinsey & Company in Düsseldorf und übernahm dann die weltweite Führungsverantwortung für den Reise- und Logistiksektor bei Booz Allen Hamilton (seit 2008 Booz&Company). Darüber hinaus blickt er auf ein langjähriges Engagement als Strategic Advisor des World Economic Forums und der UN WTO (World Tourism Organization) zurück. Als Gründer und Geschäftsführer der Ricon GmbH ist Jürgen Ringbeck seit 2014 aktiver Investor und Beiratsmitglied innovativer junger Unternehmen. Er ist seit 2014 Honorarprofessor an der WHU und lehrt zu verschiedenen Themen der Unternehmensführung und dem Transportmanagement im Master-Studiengang.

Prof. Dr. Stefan Spinler

Stefan Spinler ist Inhaber des Lehrstuhls für Logistikmanagement an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Seine Forschung konzentriert sich vorwiegend auf die Bereiche Nachhaltigkeit von Lieferketten und deren Risikomanagement. Alle Forschungsaktivitäten werden zusammen mit führenden Logistikdienstleistern und Industrieunternehmen durchgeführt. Professor Spinler war bereits als Gastprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an der University of Pennsylvania, The Wharton School, tätig.

Quelle: www.whu.edu

Pressemitteilung veröffentlicht am 03.03.2022 in Nachhaltigkeit, News (In- und Ausland).
Schlagwörter: