© ylivdesign / 123RF.com
Interview

„Die letzte Meile muss effizienter, innovativer und digitaler werden“

Gunnar Anger hat nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann sein Studium als Diplom-Betriebswirt abgeschlossen. Seitdem finanzierte er junge und mittelständische Unternehmen bei 2 Investmestmentbanken und verantwortete anschließend verschiedene Technologieunternehmern auf der Managementseite. Seit 2016 ist er der Geschäftsführer der ParcelLock GmbH, die mit ihren Softwarelösungen für Paketanlagen den Fokus auf logistische Lösungen für die Innenstädte legt und dafür sorgt, dass Pakete 24/7 empfangen und retourniert werden können.

Herr Anger, Sie sind seit 2016 Geschäftsführer der ParcelLock GmbH. Können Sie in ein paar Sätzen zusammenfassen, was ParcelLock ist?

Anger: „ParcelLock wurde von Paketdienstleistern gegründet mit dem Ziel der Optimierung der letzten Meile. ParcelLock ist das relevante offene System in Deutschland durch die Anbindung an verschiedene Paketdienstleister.  Wir sind ein reines Softwareunternehmen, d.h. wir lizenzieren unsere Technologie an Hersteller und bieten als Technologieunternehmen Paketempfängern und Paketdienstleistern an, dieses offene System zu nutzen.  Unsere IT-Lösungen sind beispielsweise integriert in Paketkasten-Anlagen in Wohnquartieren und in öffentlichen Paketstationen in sowohl hochfrequenten städtischen Räumen als auch in mittleren und kleineren Wohngebieten. Gesellschafter der ParcelLock sind zu gleichen Teilen die Paketdienstleister Hermes und DPD.  Wir bieten multifunktionale Anbindungen und umfassende infrastrukturelle Vorteile und differenzieren uns hier von den geschlossenen Insellösungen wie DHL Packstation oder Amazon Locker.

Das Unternehmen wurde ursprünglich als Joint Venture der KEP-Dienstleister GLS, Hermes, DPD und gegründet. Heute sind Hermes und DPD Gesellschafter. Was war der Anlass das Produkt ParcelLock auf den Markt zu bringen?

Anger: „Mit einem Blick in die Zukunft wurde deutlich, dass die Menschen immer häufiger unterwegs sind, das Paket-Lieferwachstum stetig steigt und die Verkehrsproblematik ebenso. Es war klar, dass hierfür Lösungen gefunden werden müssen. Daraufhin beschlossen die Gesellschafter zu agieren und daraus ist ParcelLock entstanden. Darüber hinaus war es seinerzeit auch eine Reaktion auf die verschiedenen Initiativen der Deutschen Post DHL.“

Wie sahen die ersten Schritte der Umsetzung aus?

Anger: „Angefangen haben wir mit Paketkästen für Einfamilienhäuser. Als nächster Schritt wurden Mehrfamilienhäuser mit eingebunden und ab 2018 liefen Projekte mit zum Beispiel dm oder die Hamburg Box zusammen mit der Hamburger Hochbahn und der Deutschen Bahn. Seitdem hat das Thema anbieteroffene Paketstationen an Relevanz gewonnen. Und wir arbeiten hier an unterschiedlichen Marktmodellen.“

Sie sprachen gerade von „anbieteroffenen“ Paketstationen. Was genau bedeutet Anbieteroffenheit für den Verbraucher?

Anger: „Anbieteroffen bedeutet, dass sich die Paketstationen durch Paketdienstleister aber auch durch kleinere stationäre Einzelhändler oder lokale Lieferdienste nutzen lassen. Diese Lösung ist für die Umwelt und den Verbraucher die komfortabelste und sinnvollste, da er so Pakete verschiedener Dienstleister gebündelt an einem Standort abholen kann. Aber auch der Einzelhandel profitiert enorm. Der stationäre lokale Handel kämpft mit vielen Themen, z. Bsp. hohen Mieten, der Konkurrenz des e-Commerce, zuweilen zu wenig Branchenmix und als Folge mit einem Attraktivitätsverlust, der durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt wird. Mit dem ParcelLock-System haben lokale Händler und Lieferdienste die Möglichkeit, Bestellungen, die bei ihnen telefonisch, per Email oder über ihren eigenen Online-Auftritt eingegangen sind, an ihre lokalen Kunden in Paketstationen mit ParcelLock-System 24/7 direkt einzuliefern – ohne zwischengeschalteten Paketdienstleister. Der Händler wird über ParcelLock befähigt selbst als Zusteller 24/7 zu agieren.

Was ist das Ziel von ParcelLock?

Anger: „Ganz klar das Optimieren der letzten Meile und Entzerren von Verkehrsströmen. Jeder kennt es, das Parken in zweiter Reihe, ein hohes Verkehrsaufkommen durch Lieferwagen, Schlange stehen an Paketshops oder zeitlich begrenzte Abholmöglichkeiten. An hochfrequenten Hamburger Bahnhöfen zeigt die anbieteroffene Paketstation „Hamburg Box“ bereits im Praxistest, dass durch erfolgreiche Ersteinlieferungen bereits ein großer Teil der Problemlösung realisiert wird. Menschen binden Abholung oder Retour ihrer Pakete auf dem täglichen Weg ein und schonen damit die Umwelt. Diese Flexibilität entzerrt den Verkehr und sorgt für weniger Stopps der KEPs und Mehrfachanfahrten können stark reduziert werden. Das spart Rohstoff- wie auch Human- Ressourcen und sorgt auf allen Ebenen für Entlastung.“

Welche logistischen Themen kommen in Zukunft auf Sie zu?

Anger: „Zunächst möchten wir evaluieren wie die Stationen und ihre Mikrolagen angenommen werden. Durch die Pandemie wird derzeitig das Bild verzerrt, da sich viele Menschen im Homeoffice befinden und dadurch ein großer Teil der ÖPNV-Pendler wegfällt. Aber der E-Commerce Trend und der wachsende Anspruch 24/7 flexibel agieren zu können, zB. Paketabholung mit kleinen Einkäufen, dem Weg zum Sport zu verbinden, wächst. Gerade die letzte Meile muss in Zukunft immer innovative, effizienter und digitaler werden, um dem jährlich dynamisch steigenden hohen Paketvolumen gewachsen zu sein.“

Was sind ihre persönlichen Wünsche für die Zukunft der ParcelLock GmbH?

Anger: „Mein persönliches Anliegen besteht darin, ein skalierungsfähiges Modell deutschlandweit umzusetzen. Darüber hinaus sollen mit unserer Hilfe CO2 Emissionen deutlich eingespart und die Innenstädte entlastet werden. Das hohe Verkehrsvolumen in urbanen Räumen zu reduzieren, hierdurch Ressourcen und Emissionen zu sparen und damit einen Teil zur Nachhaltigkeit beizutragen und Digitalisierung nutzerfreundlich voranzutreiben, ist und bleibt unsere Mission.“

Quelle: www.parcellock.de

Interview veröffentlicht am 20.12.2021 in News (In- und Ausland), Sonstige Produkte / Services / Dienstleistungen.
Schlagwörter: