BEUMER entwickelt Reibrad-Antriebssystem für Hochleistungssorter mit doppelt wirkender proportionaler Anpressung: Kosten auf der ganzen Linie sparen

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Der Intralogistikspezialist aus Beckum hat mit dem OptiDrive ein neues hocheffizientes, kraftschlüssiges Antriebssystem für Hochleistungssorter entwickelt und bietet damit eine äußerst wirtschaftliche Alternative zu den bisher üblicherweise eingesetzten Asynchron-Linearmotorantrieben. Das Besondere am BEUMER OptiDrive: Mit der neuen und innovativen Technik stellt sich die Anpresskraft des Antriebsrads automatisch in Abhängigkeit von der geforderten Antriebskraft ein – sowohl beim Antreiben als auch beim Bremsen. Das steigert den Wirkungsgrad und erhöht die Lebensdauer der Antriebsräder. Das System ist bereits in zahlreichen Systemen erfolgreich im Einsatz.

Laut Bundesumweltamt verbrauchen elektrische Antriebe in Industrie und Gewerbe fast zwei Fünftel des gesamten Stroms in Deutschland. Mit optimierten Lösungen besteht für Anwender ein enormes Potenzial, Betriebskosten zu sparen und Ressourcen zu schonen. Die BEUMER Group ist ständig bestrebt, den Marktanforderungen gerecht zu werden und ihre Kunden mit kosteneffizienten Anlagen und Systemen nachhaltig zu unterstützen. Nachdem BEUMER bereits 2010 für die Hochleistungssorter der kleineren Baugröße BS7 die neue OptiDrive-Technologie erfolgreich eingeführt hat, setzte der Intralogistikspezialist diese nun auch für die größeren Baugrößen BS25 bis BS60 mit mechanisch oder elektrisch betriebenen Lastaufnahmeelementen um. „Bisher hatten wir in diesen Anlagen Doppelkamm-Asynchron-Linearmotorantriebe im Einsatz“, erklärt Heino Heitplatz, Teamleiter Forschung & Entwicklung und stellvertretender Entwicklungsleiter bei BEUMER. „Wir wollten den Wirkungsgrad steigern und gleichzeitig die Anschaffungskosten senken. Darüber hinaus war unser Ziel, eine hohe Verfügbarkeit bei minimalem Wartungs- und Instandhaltungsaufwand sicherzustellen.“ Die BEUMER Hochleistungssortieranlagen werden zur Sortierung und Kommissionierung unterschiedlichster Artikel wie Postsendungen, Textilien, Versandartikel sowie Nahrungsmittel oder Fluggepäck eingesetzt.

Beim BEUMER OptiDrive stellt sich die Anpresskraft, mit der das Antriebsrad an die bewegliche Reibleiste des umlaufenden Fahrwagensystems angedrückt wird, automatisch proportional zu der geforderten Antriebskraft ein. Somit arbeitet das Antriebsrad selbsttätig immer in einem optimalen Arbeitspunkt. Das ermöglicht auf der einen Seite das sichere und schlupffreie Anfahren der Sortieranlage aus dem Stand. Auf der anderen Seite wird der Wirkungsgrad im überwiegend vorkommenden Teillastbereich verbessert und gleichzeitig die Lebensdauer der Antriebsräder erhöht. „Ohne die innovative proportionale Anpressung hätten wir die Anpresskraft des Reibrades für den „worst case“ auslegen müssen, das heißt, für das Anfahren einer stehenden, kalten Anlage“, sagt Heitplatz. „Wir nennen das den Montagmorgen-Effekt.“ Dadurch wäre allerdings die Anpresskraft für die normalen Betriebszustände viel höher als eigentlich erforderlich. Und das würde deutlich zu Lasten des Wirkungsgrads sowie der Lebensdauer der Antriebsräder gehen. Der Energieverbrauch konnte im Vergleich zum bisher eingesetzten Asynchron-Linearmotorantrieb um bis zu 80 Prozent reduziert werden. „Mit dem neuen OptiDrive BS25/55 können wir effektive Wirkungsgrade von bis zu 85 Prozent erreichen“, berichtet Heitplatz.

Höherer Wirkungsgrad, weniger Verschleiß

Die eigentliche Innovation des neuen Antriebssystems ist die sogenannte doppelt wirkende proportionale Anpressung. Diese arbeitet in beiden Wirkrichtungen – sowohl beim Beschleunigen als auch beim Bremsen. Damit kann der neue OptiDrive zum Beispiel auch als Haltebremse tätig sein. Im Vergleich zu Einfachkamm-Linearmotorantrieben entstehen bei dieser Lösung keine Anziehungskräfte zwischen Antrieb und Fahrwagen. Das verringert die Belastung der Wagen und mindert den Verschleiß. Der Antrieb richtet sich außerdem selbsttätig an den Fahrwagen aus. Somit muss der Benutzer nichts mehr am System einstellen.

Bei dem Antriebsprinzip trägt jeder Fahrwagen mittig auf der Unterseite ein sogenanntes Schwert, das als Reibleiste fungiert. Dazu wird es zwischen dem Reibrad und einer gegenüberliegenden Druckrolle eingespannt und vorwärts geschoben. Über dieses Schwert erfolgt die Krafteinleitung des Antriebs in das Fahrwagensystem. Die Antriebseinheit ist über einen Drehpunkt mit dem Sortergerüst verbunden. Diese „schwimmende“ Verlagerung stellt sicher, dass zu keinem Zeitpunkt Querkräfte von der Antriebseinheit in die Fahrwagen eingeleitet werden.

Patentiertes Funktionsprinzip

Das patentierte Funktionsprinzip des OptiDrive lässt sich wie folgt erläutern: Der Antriebsmotor mit dem direkt aufgesteckten Antriebsrad wird über eine leichte Federkraft mit dem Schwert in Kontakt gebracht. Durch den Kraftschluss und die eingeleitete Antriebskraft entsteht ein Reaktionsmoment in der schwenkbar verlagerten Motorkonsole, an der zwei Andrückrollen angebracht sind. Diese Andrückrollen wiederum wirken auf eine schwenkbar verlagerte Andrückschwinge, an der die Druckrolle angebracht ist. Somit wird zwischen dem Antriebsrad und der Druckrolle eine Anpresskraft auf das Schwert aufgebaut, die sich automatisch proportional zur Antriebskraft einstellt. Durch die Anordnung über zwei Andrückrollen ist die Funktion in beiden Wirkrichtungen, also beim Antreiben und beim Bremsen, sichergestellt.

Der OptiDrive ist mit einem automatischen Toleranzausgleich ausgestattet. Dieser gleicht zum Beispiel Abnutzungen am Antriebsrad oder Bauteiltoleranzen aus. Dazu ist zwischen der Andrückschwinge und den Andrückrollen ein federbelasteter Keil integriert. Montagetoleranzen werden durch die schwenkbare Anbindung der Antriebseinheit ausgeglichen. „Der Antrieb richtet sich permanent an den Schwertern aus und nicht umgekehrt“, erklärt Heitplatz. „Dadurch können wir größere Toleranzen bei der Montage und den Bauteilen zulassen, ohne dass funktionale Einschränkungen oder Querkräfte auf das Fahrwagensystem entstehen.

Speziell angepasst für einen optimalen Betrieb

Beim BEUMER OptiDrive dienen die Schwerter als Reibleiste. Um möglichst kleine Lücken zwischen den Fahrwagen zu erhalten und somit sanfte und geräuschlose Übergänge zwischen den einzelnen Fahrwagen zu ermöglichen, sind die Schwerter mit einer speziellen Kontur versehen und in ihren Endbereichen als Kreisbogen ausgeführt. Die Lücke zwischen den Schwertern konnte dabei auf ein Minimum reduziert werden – ohne die Beweglichkeit des Fahrwagensystems in Horizontal- oder in Vertikalkurven zu beeinträchtigen.

Die Reibleisten bestehen aus besonders leichten Aluminiumprofilen. Damit lassen sich die bewegte Masse der Fahrwagen und der Bewegungswiderstand möglichst gering halten. „Im Vergleich zu anderen Systemen, bei denen entsprechende Sekundärteile am Fahrwagen benötigt werden, beispielsweise bei Synchron-Linearmotorantrieben, bei denen die Fahrwagen zusätzlich durch Permanentmagnete belastet werden, lässt sich schon dadurch der Energiebedarf reduzieren. Dass die bewegte Masse geringer ist, ist unabhängig vom eigentlichen Antriebswirkungsgrad“, erläutert Heitplatz.

Angetrieben wird der OptiDrive mit einem modernen, hocheffizienten und getriebelosen Synchron-Servomotor. Das Antriebsrad ist direkt auf der Motorwelle montiert. „Durch den konsequenten Verzicht auf Übertragungselemente wie Zahnrad- oder Riementriebe wird der maximale Wirkungsgrad des Antriebs ausgenutzt. Darüber hinaus werden Geräuschquellen und potentielle Wartungsstellen konsequent vermieden“, sagt Heino Heitplatz. Der Direktantrieb ermöglicht zudem eine sehr kompakte Bauweise. „Anders als bei den zentralen Umrichtern der Asynchron-Linearmotorantriebe, hat beim OptiDrive-Konzept jeder Antrieb einen eigenen Regler, der dezentral im Feld installiert ist“, sagt Heitplatz. Die Regler stehen in unmittelbarer Nähe zum Antrieb. Die einzelnen Antriebsregler kommunizieren über Profinet mit der Sortersteuerung. Die Profinet-Installation erfolgt ebenso wie die Energieversorgung der Antriebe nach dem so genannten Daisy-Chain-Prinzip. Dieses reduziert die erforderlichen Kabellängen sowie den Installationsaufwand. Durch einen speziellen Regelalgorithmus wird sichergestellt, dass alle Antriebe jederzeit die gleiche Vorschubkraft in das Fahrwagensystem einleiten. Das hat den Vorteil, dass alle Antriebe gleich stark belastet werden und der Kraftverlauf im Fahrwagensystem optimiert wird.

Der BEUMER OptiDrive BS25/55 ist für eine permanente Vorschubkraft von 600 Newton und eine kurzeitige Vorschubkraft von 1.000 Newton (für Beschleunigungs- und Bremsvorgänge) sowie für Sortergeschwindigkeiten bis zu 3,2 Meter pro Sekunde ausgelegt. Das System wird mit zahlreichen Diagnosesystemen überwacht. Etwaige Störungen werden dem Betreiber frühzeitig angezeigt. Über eine Online-Diagnose kann der Benutzer das Antriebssystem fernwarten. „Mit einem Remote-Zugriff haben unsere Experten in Beckum die Möglichkeit, per Fernwartung weltweit auf jeden einzelnen Antrieb zuzugreifen, um so dem Kunden vor Ort unmittelbar den bestmöglichen Support zu bieten“, erklärt Heitplatz.

Auf Nachhaltigkeit gesetzt

Wie bei allen Entwicklungen haben die BEUMER Ingenieure auch bei diesem Antrieb einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt. Wie hoch diese bei den Anlagen wirklich ist, zeigt der BEUMER Sustainability Index (BSI). Das ist ein Validierungssystem, mit dem der Intralogistikspezialist systematisch und kontinuierlich die Nachhaltigkeit an neuen Maschinen wie auch an Bestandslösungen messen kann. Die Unternehmensgruppe hat sich verpflichtet, ihre Produkte ganzheitlich auf drei Ebenen zu bewerten: Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung. Der BSI ist ein Punktesystem, das die Produkte in Bezug auf diese drei Ebenen erfasst. Ökonomische Leistungsfähigkeit, Marktpräsenz, finanzielle Chancen und Risiken sind bekannte Parameter. Ökonomisch nachhaltig werden die Produkte und Anlagen aber erst, wenn sie und die zugehörigen Produktionsprozesse am langfristigen Kundennutzen ausgerichtet sind. „Den OptiDrive BS25/55 haben wir zum Beispiel mit Vorgänger- und mit Wettbewerbsprodukten verglichen“, erläutert Heitplatz.

Ökonomisch, ökologisch und sozial

Mit der Entwicklung konnte BEUMER beispielsweise die Herstellkosten im Vergleich zu anderen Antrieben erheblich senken. Das wirkt sich auch auf die Investitionskosten der Kunden aus. Der geringere Energieverbrauch und die verschleißfreiere Arbeitsweise senken zudem deutlich deren Betriebskosten. Der erhöhte Wirkungsgrad sorgt nicht nur für eine gesteigerte ökonomische Nachhaltigkeit, sondern auch für eine ökologische. Denn für Motoren und Zuleitungen ließen sich große Mengen an Kupfer einsparen. Weiterhin ermöglicht die doppeltwirkende proportionale Anpressung bei einem Not-Halt deutlich verkürzte Bremswege der Fahrwagen. Das erhöht die Sicherheit der Mitarbeiter. Und weil bei diesem Antriebssystem keine Lüfter erforderlich sind, konnten die Betriebsgeräusche reduziert werden. Das sorgt für eine angenehmere Arbeitsatmosphäre.

Erfolgreich im Einsatz

Ein Unternehmen, das mit Landmaschinen, Nutzfahrzeugen, Ersatzteilen und Zubehör handelt, hat das neue Antriebssystem in einem Belt Tray Sorter BS 25 im Einsatz. Der Sorter hat eine Länge von 198,4 Metern und ist mit 248 Fahrwagen bestückt. Die Fahrwagenteilung beträgt 800 Millimeter, die Betriebsgeschwindigkeit zwei Meter in der Sekunde. Die BEUMER Spezialisten haben insgesamt vier OptiDrive-Antriebe verbaut. Dabei ist das System so ausgelegt, dass selbst bei Ausfall eines Antriebs die Anlage voll funktionsfähig bleibt. Durch die integrierte Freilauffunktion ist es möglich, während des Betriebs einzelne Antriebe zu- oder abzuwählen. Nach etwa sechs Monaten haben die Techniker die Antriebe das erste Mal begutachtet und die Abnutzung der Reibräder bewertet. „Wenn wir die ermittelte Abnutzung hochrechnen, kommen wir auf eine zu erwartende Lebensdauer der Antriebsräder von etwa elf Jahren“, fasst Heitplatz zusammen. „Die tatsächliche Abnutzung hängt natürlich von den Einsatzbedingungen ab. Zu den wesentlichen Einflussgrößen gehören die mittlere Antriebskraft, das heißt der Auslastungsgrad, die Sortergeschwindigkeit, die Umgebungstemperatur sowie die tägliche Nutzungsdauer der Anlage.“

Kostenvergleich Linearmotorantrieb

Wie hoch das Einsparpotenzial mit dem neuen Antriebssystem für den Anwender ist, wird an folgendem realen Beispiel erläutert: In dem Projekt sollen drei Kippschalensorter vom Typ BS25 ET mit einer Sorterlänge von je etwa 1000 Metern und einer Sortergeschwindigkeit von 2,35 Metern pro Sekunde eingesetzt werden. Durch den Einsatz der OptiDrive-Technologie lässt sich der Verbrauch um etwa 570.000 Kilowattstunden pro Jahr reduzieren. Das bedeutet bei einem Arbeitspreis von zwölf Cent pro Kilowattstunde eine Kostenersparnis von etwa 69.000 Euro pro Jahr. „Darüber hinaus wird die Emission von zirka 86 Tonnen Kohlendioxid bei der Stromgewinnung vermieden“, erläutert Heino Heitplatz den ökologischen Nutzen.

Quelle: www.beumergroup.com

Pressemitteilung veröffentlicht am 14.07.2014 in Hardware, News (In- und Ausland).
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