Neue Studie nutzt Mobilfunkdaten zur Schätzung von CO2-Emissionen und Luftverschmutzung in Städten. Dieser Ansatz könnte die Kosten für die Umsetzung des Pariser Abkommens erheblich reduzieren

– Die Studie leitet Bewegungsmuster von anonymisierten und aggregierten Mobilfunkdaten ab, um die Nutzung verschiedener Transportmittel und die sich daraus ergebende Luftverschmutzung zu verstehen.

– Diese innovative Methode erlaubt es, die Konzentration der Luftverschmutzung in städtischen Gebieten mit einer Genauigkeit von bis zu 77 Prozent zu schätzen.

– Die Methode könnte ein kosteneffizienter Weg sein, um Treibhausgase besser zu verstehen und zu bekämpfen.

Die Datenanalyse-Experten des ETH Zürich-Spinoffs Teralytics, Telefónica NEXT und der Anbieter für Nachhaltigkeitslösungen South Pole Group haben ein Pilotprojekt in der Stadt Nürnberg erfolgreich abgeschlossen. Es zeigt, dass mobile Netzwerkdaten genutzt werden können, um CO2– und NOX*-Emissionen (*Stickoxide) in Stadtregionen zu vergleichsweise niedrigen Kosten zu analysieren. Um dies zu erreichen, hat Teralytics in Nürnberg vollständig anonymisierte und aggregierte Daten von Telefónica Deutschland untersucht, die generiert werden, wenn Nutzer telefonieren, Textnachrichten schicken oder im Internet surfen.

Abbildung 1: Teralytics und Telefónica NEXT arbeiten an mehreren Projekten, bei denen aggregierte, anonymisierte Daten in Deutschland genutzt werden. Diese Daten werden für soziale und ökonomische Zwecke genutzt, zum Beispiel, um den Klimaschutz wissenschaftlich zu unterstützen.

Basierend auf den Bewegungsverhalten, konnte Teralytics das Transportmedium ableiten, mit der sich die Nutzergruppen fortbewegen. So konnten die Datenexperten erkennen, welche Fortbewegungsmittel, also zum Beispiel Bahn oder Autos, von wie vielen Menschen genutzt wurden. Da jedes Fortbewegungsmittel unterschiedlich viel CO2 und NOX ausstößt, konnten die drei Unternehmen die Bewegungsdaten mit den jeweiligen Emissionsdaten der verschieden Transportmittel kombinieren und daraus die Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen in Nürnberg ableiten. Somit waren sie in der Lage sie die Konzentration der Luftverschmutzung in städtischen Gebieten mit einer Genauigkeit von bis zu 77 Prozent schätzen.

Nach den Ergebnissen der Studie in Nürnberg werden die Forscher den Ansatz weiter verfolgen. Ziel ist es, besser zu begreifen, wie Daten genutzt werden können, um Umweltverschmutzung weltweit zu bekämpfen. Besonders die geringen Kosten machen diesen Ansatz der Datenanalyse besonders interessant – im Vergleich zu den hohen Produktions- und Wartungskosten aufwändiger Messstationen. Der neuartige Ansatz könnte so eine kontinuierliche und flächendeckende Analyse ermöglichen.

„Unser moderner, urbaner Lebensstil führt zur Erzeugung von schädlichen Treibhausgasen. Gleichzeitig erzeugt er aber auch große Mengen an Daten. Unsere Mission bei Teralytics ist es, diese Daten zum Nutzen der Gesellschaft zu verwenden.”, sagt Georg Polzer, Geschäftsführer von Teralytics. „Die Resultate aus Nürnberg haben gezeigt, dass wir mit der Analyse von digital erzeugten Daten Stadtplanern ein besseres Verständnis von Mobilitätsmustern und deren Einfluss auf Luftverschmutzung geben können. Dies ist ein wichtiger Schritt, um Luftverschmutzung effizient zu vermeiden.”

Die Methode

In einem dreistufigen Prozess transformierte Teralytics die aggregierten und anonymisierten Mobilfunkdaten zuerst in Bewegungsmuster von 1,2 Millionen genutzten Transportwegen im analysierten Zeitraum, wie in Abbildung 2 dargestellt. South Pole Group nutzte im zweiten Schritt ein atmosphärisches Modell, um den Grad der Luftverschmutzung, der von verschiedenen Transportmitteln verursacht wird, zu schätzen. Dabei wurden die meteorologischen Daten und Informationen und der Grad der Emissionen durch verschiedene Verkehrsmittel vom Bundesministerium für Umweltschutz hinzugezogen.

 

Abbildung 2: Eine Darstellung der aufgezeichneten Bewegungsmuster innerhalb von Verkehrsströmen in Nürnberg und Umgebung.

Im dritten Schritt wurde die Genauigkeit der Daten geprüft, indem sie mit bereits bestehenden Messdaten von Messstationen abgeglichen wurden. Diese Messwerte stimmten bis zu 77 Prozent mit den Berechnungen von Teralytics überein, wie in Abbildung 3 veranschaulicht wird.

Abbildung 3: Korrelation zwischen der gemessenen Konzentration von Stickoxiden und den von Teralytics berechneten Werten. Dieser Ansatz zeigt, dass die Werte mit bis zu 77 Prozent übereinstimmen.

Die nächsten Schritte

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie bilden eine solide Basis für eine Weiterentwicklung des Ansatzes. Mit dem Erfolg konnte sich das Konsortium weitere finanzielle Unterstützung von Climate KIC’s Low Carbon City Lab (LoCaL) sichern. LoCal ist eine Initiative, die Städte, Unternehmen, Hochschulen und NRO’s zusammenbringt, um Lösungen für umwelt- und gesellschaftsrelevante Herausforderungen zu erarbeiten. Mit der Förderung wird die Forschungspartnerschaft die Methode mit besonderem Fokus auf kurze Reisewege erweitern und verbessern. Zudem werden lokale Faktoren, wie Flughäfen oder große Veranstaltungen sowie verschiedene Autotypen (zum Beispiel Elektroautos und SUVs) einbezogen. Auch andere Einflussfaktoren, wie Staus oder Ampeln werden berücksichtigt, um noch akkuratere Schätzungen der Luftverschmutzung in einer Stadt zu erzielen.

„Die Ergebnisse dieser Pilotstudie haben unsere Erwartungen übertroffen”, sagt Maximilian Groth, verantwortlich für Geschäftsentwicklung und Partnerschaften bei Teralytics. „Wir sind zuversichtlich, dass wir dieses Projekt bald für Städte weltweit berechnen können, um Stadtplaner dabei zu unterstützen, unsere Luft sauber zu halten und die Vorhaben des Pariser Abkommens zu den geringstmöglichen Kosten zu erzielen.”

Diese Teststudie folgt anderen erfolgreichen Studien zur Nutzung von Mobilfunkdaten, unter anderem einer Datenanalyse für den Transport in Stuttgart durch Teralytics, Telefónica Deutschland und Fraunhofer IAO.

„Weltweit entstehen etwa 70 Prozent der Treibhausgase in Städten. Diese spielen also eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Wir sehen großes Potential darin, kontinuierlich erzeugte Daten, wie mobile Netzwerkdaten, zu nutzen, um Luftverschmutzung in den Städten zu messen und zu reduzieren”, sagt Renat Heuberger, Geschäftsführer der South Pole Group.

Florian Marquart, Geschäftsführer von Telefónica NEXT für den Bereich Advanced Data Analytics sagt: „Die Nürnberger Teststudie hat eindeutig den spezifischen Mehrwert anonymisierter Mobilfunkdaten für die Umwelt gezeigt. Diese Daten sind von Menschen für Menschen. Wir sehen großes Potential in den Ergebnissen und werden die nächste Phase der Entwicklung beginnen. Das Ziel ist es, ein Produkt für deutsche Städte, Bundesländer und die Regierung zu entwickeln, so dass sie den Herausforderungen der Luftverschmutzung besser begegnen können.“

Quelle: www.teralytics.net

 

Pressemitteilung veröffentlicht am 02.05.2017 in Dies + Das, Mobile Kommunikation, Nachhaltigkeit, News (In- und Ausland).
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